Mit dem Erbfall geht das Vermögen des Erblassers auf den oder die Erben über. Da der Erblasser wegen seines Ablebens nicht mehr Träger von Rechten und Pflichten sein kann, tritt zwangsläufig der Erbe an seine Stelle.
Was bedeutet erben?
Der Erbe wird Rechtsnachfolger des Erblassers und übernimmt alle in der Person des Erblassers begründeten Rechte und Pflichten. Der Erbe übernimmt damit die Vermögenswerte und erwirbt das Recht, diese nach eigenem Gutdünken und eigenem Ermessen zu nutzen. Wird er Eigentümer eines Einfamilienhauses, kann er in das Haus selbst einziehen und darin wohnen, es vermieten oder verkaufen oder letztlich auch leer stehen lassen. Ist das Haus mit Grundschulden belastet, übernimmt aber auch die Verpflichtung, die über die Grundschuld abgesicherte Darlehensschuld des Erblassers gegenüber der Bank abzuzahlen. Der Erbe kann also nicht nur den Vermögenswert übernehmen und daraus Rechte ableiten, sondern muss auch die mit dem Nachlass einhergehenden Verbindlichkeiten übernehmen. Er kann den Nachlass nur insgesamt erwerben, nicht aber einzelne Werte daraus.
Was sind Nachlassverbindlichkeiten?
Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören die vom Erblasser stammenden Schulden. Hat der Erblasser ein Fahrzeug gekauft, aber noch nicht bezahlt, muss der Erbe aus dem Nachlass den Kaufpreis bezahlen. Hatte der Erblasser noch Einkommensteuerschulden beim Finanzamt, muss der Erbe dafür geradestehen. Nachlassverbindlichkeiten sind auch alle Schulden, die aus Anlass des Erbfalls in der Person des Erben entstanden sind. Dazu gehören die Beerdigungskosten, die Pflichtteilsrechte enterbter gesetzlicher Erben oder testamentarisch angeordnete Vermächtnisse und Auflagen. War der Erblasser unternehmerisch tätig, ergeben sich für die Haftung von Geschäftsverbindlichkeiten handels- und gesellschaftsrechtliche Besonderheiten, die in Abhängigkeit von der Art der unternehmerischen Tätigkeit oder Beteiligung zu bewerten sind.
Haftung des Erben
Mit dem Erbfall wird der Erbe Träger zweier Vermögensmassen. Nach wie vor ist er Inhaber seines eigenen persönlichen Vermögens. Zum anderen wird er mit dem Erbfall Träger des Vermögens des Erblassers. Ist der Erbe Alleinerbe, verschmelzen beide Vermögensmassen zu einer Einheit. Die Konsequenz ist, dass der Erbe den Gläubigern des Nachlasses sowohl mit seinem eigenen Vermögen als auch mit dem Nachlassvermögen haftet. Seine Haftung für Nachlassverbindlichkeiten ist also zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht auf den Nachlass beschränkt. Der Erbe haftet persönlich und privat mit allem, was er hat.
Erbschaft annehmen
Da der Erbe mit dem Erbfall persönlich für Nachlassverbindlichkeiten haftet, muss er im ersten Schritt feststellen, ob Nachlassverbindlichkeiten bestehen, um welche Art von Nachlassverbindlichkeiten es sich handelt und wie hoch diese sind. Er muss eine Bestandsaufnahme des Nachlasses machen. Er muss wissen, welche Vermögenswerte vorhanden sind und mit welchen Nachlassverbindlichkeiten er rechnen muss. Erst wenn er das Ergebnis kennt, kann er entscheiden, wie er mit dem Nachlass verfahren möchte. Ist der Nachlass werthaltig, so dass die Vermögenswerte die Nachlassverbindlichkeiten übersteigen, wird er normalerweise die Erbschaft endgültig annehmen, muss aber die Nachlassverbindlichkeiten bedienen. Dazu kann er Nachlasswerte veräußern und aus dem Erlös die Gläubiger bezahlen.
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Erbschaft ablehnen
Stellt der Erbe jedoch im umgekehrten Fall fest, dass die Nachlassverbindlichkeiten die Vermögenswerte übersteigen und der Nachlass überschuldet ist, wird er kein Interesse daran haben, mit seinem privaten Vermögen für die Nachlassverbindlichkeiten des Erblassers die Haftung zu übernehmen. Das Erbrecht erachtet die Interessen der Nachlassgläubiger für schutzwürdiger als die des Erben. Es geht deshalb vom Grundsatz der unbeschränkten Erbenhaftung aus. Zugleich räumt das Gesetz dem Erben aber die Möglichkeit ein, die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten auf den Nachlass selbst zu beschränken. Der Erbe hat dazu mehrere Möglichkeiten.
Recht auf Ausschlagung der Erbschaft
Ist der Nachlass überschuldet, kann der Erbe die Erbschaft auszuschlagen. Ausschlagen bedeutet, dass er die Erbschaft nicht annehmen und damit nicht Erbe werden möchte. Will er ausschlagen, muss er binnen einer Frist von sechs Wochen gegenüber dem Nachlassgericht oder einem Notar erklären, dass er die Erbschaft nicht annehmen und deshalb ausschlagen möchte. Schlägt der Erbe aus, rückt der nach der gesetzlichen Erbfolge als nächster Verwandter berufene Verwandte als Erbe nach. Will auch er die Erbschaft nicht annehmen, muss auch der nachfolgende Erbe die Erbschaft ausschlagen. Schlagen alle gesetzliche Erben aus, rückt in letzter Konsequenz der Fiskus in die Erbenstellung ein. Der Fiskus haftet aber nicht für Verbindlichkeiten.
Nachlassverwaltung und Nachlassinsolvenzverfahren
Der Erbe kann seine Haftung auf den Nachlass beschränken und damit sein privates Vermögen außen vorlassen, indem er die Nachlassverwaltung oder letztlich die Nachlassinsolvenz beantragt. Beantragt er die Nachlassverwaltung, bestellt das Nachlassgericht einen Nachlassverwalter, der den Nachlass in Besitz nimmt und abwickelt. Der Vorteil für den Erben besteht darin, dass seine private Haftung ausgeschlossen wird und gegenüber den Gläubigern nur der Nachlass haftet. Erweist sich der Nachlass als nicht liquide, gehen die Gläubiger leer aus. Ist der Nachlass überschuldet, können Erbe oder Nachlassverwalter auch die Nachlassinsolvenz beantragen.
Beide Verfahren kosten Geld. Ist der Nachlass nicht liquide, kann der Erbe selbst den Nachlass wie ein Nachlassverwalter abwickeln und im Hinblick auf die Nachlassgläubiger die Dürftigkeitseinrede erheben. Erhebt er die Dürftigkeitseinrede, kann der Erbe die Befriedigung eines Nachlassgläubiger insoweit verweigern, als der Nachlass dafür nicht ausreicht (§ 1990 BGB).